Dämonen. Besessenheit und Exorzismus in der Geschichte Österreichs

Gerhard Ammerer unterrichtete am FB Geschichte der Universität Salzburg, seit 2014 ist er Mitglied der Kommission für Rechtsgeschichte Österreichs an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. 2019 Verleihung des Österreichischen Ehrenkreuzes für Wissenschaft und Kunst 1. Klasse. Foto: Christian Schnaitl. Nicole Bauer, Religionswissenschaftlerin und Psychotherapeutin, Leiterin des FWF-Projekts „Gender & the Bible“ am Institut für Religionswissenschaft der Universität Graz und Tätigkeit in freier Praxis, Vorständin der Österreichischen Gesellschaft für Religionswissenschaft. Foto: Michael Wedermann. Carlos Watzka, Soziologe und Historiker, 2009 Professor für empirische Sozialforschung in Ingolstadt, seit 2020 Professor für Psychotherapiewissenschaft an der Sigmund Freud Privatuniversität in Linz. 2019: Auszeichnung mit dem Johann Wilhelm Ritter von Mannagetta-Preis für die Geschichte der Medizin. Foto: Bea Regina Schulz.

Land des Teufels

Weiche, Dämon! Gerhard Ammerer, Nicole Bauer und Carlos Watzka legen die erste umfassende Studie über Dämonen und Teufelsaustreibung in Österreich vor.

In Österreich hat die rituelle Austreibung von Dämonen aus – vermeintlich oder angeblich – vom Teufel besessenen Menschen eine lange Historie. Der konstante Glaube der katholischen Kirche hat stets auf der Existenz der Dämonen insistiert und die Bedrohung aufgezeigt, die sie für Christen darstellen. Explizit darauf ging etwa im Jahr 1975 Papst Paul VI. ein. Ammerer und Watzka legten schon 2021 innerhalb der »Quellen zur geschichtlichen Landeskunde« der Historischen Landeskommission für Steiermark eine Edition eines Bandes aus dem Jahr 1600 vor, die »Beschreibung außgetriebener bösser Geister«. Unabhängig voneinander waren sie auf die kleinformatige, ziemlich unbekannte und von der Forschung bis dato ignorierte Handschrift gestoßen. Darin beschrieben sind drei in den Jahren 1599 und 1600 in Graz durchgeführte, bereits damals als spektakulär angesehene Teufelsaustreibungen. Die steirische Linie der habsburgischen Dynastie war bei der Unterbringung, Betreuung und Behandlung der Besessenen unmittelbar und aktiv involviert. Das vehemente Interesse des innerösterreichischen Hofes an diesen Phänomenen ist im Kontext der damals in der Steiermark gerade auf dem Höhepunkt befindlichen konfessionellen Auseinandersetzungen zu begreifen. Die sorgfältig inszenierte Austreibung der Dämonen aus den Betroffenen wurde mit einem erheblichen Aufwand und über eine beträchtliche Dauer öffentlich betrieben. Doch die Vorstellung, jemand sei vom Teufel besessen und dieser Sukkubus müsse exorziert, also ausgetrieben, werden, ist nicht nur im vergangenen Halbjahrhundert Thema vieler Horrorfilme geworden. Es ist noch immer eine Annahme, der nicht wenige Menschen bis heute anhängen, somit ein virulentes Phänomen der Gegenwart, in der sich von der nüchternen Wissenschaft abgewandt wird zugunsten esoterischer oder fundamentalistischer Überzeugungen. In der tatsächlich ersten, mit zahlreichen Illustrationen versehenen Gesamtdarstellung über Dämonen, Dämonenglaube, Besessenheit und Praktiken des Exorzismus in Österreich beugt sich nun das Trio aus zeit-, mentalitäts- und religionshistorischer, aus psychologischer und psychoanalytischer Sicht über dieses Thema und legt eine kritische Begutachtung aus Historie und Gegenwart vor – inklusive eines Interviews mit einem aktiven Exorzisten aus der Steiermark. (Foto: Gemeinfrei)

Dämonen. Besessenheit und Exorzismus in der Geschichte Österreichs


Ammerer, Gerhard / Bauer, Nicole / Watzka, Carlos
Anton Pustet