Der große Rausch. Warum Drogen kriminalisiert werden. Eine globale Geschichte vom 19. Jahrhundert bis heute

Helena Barop, geboren 1986, studierte Geschichte und Philosophie in Freiburg i. Br. und in Rom. Sie erhielt 2021 für ihre Dissertation »Mohnblumenkriege. Die globale Drogenpolitik der USA, 1950-1979« drei renommierte Historikerpreise. Sie lebt in Freiburg i. Br. und arbeitet als freie Autorin. (Foto: David Ausserhofer)

Drogen im Zeitenrausch

Die Historikerin Helena Barop zeichnet die Geschichte der Rauschmittel im Lauf zweier Jahrhunderte nach. Und wie sich diese im öffentlichen Diskurs von medizinischen Heilmitteln zum Rauschgift wandelten

Nachdem Walter Benjamin im Hochsommer 1928 in Marseille erstmals Haschisch geraucht hatte, begann nach einer kleinen Weile die Droge ihre Wirkung zu entfalten, seinen »eigentlich kanonischen Zauber mit einer primitiven Schärfe.« Die Berauschung ließ ihn zum »Physiognomiker« werden, er verbiss sich »förmlich in die Gesichter«. Dies war eine von nicht wenigen literarhistorisch nachhaltig wirkenden Schilderungen der Einnahme von Drogen und Rauschmitteln, die Niederschlag fand in der Albumhistorie des großen Rauschs. Davon wie von Drogenpolitik, von Juridischem wie Moralischem, von Medizin bis zu Parlamentsdebatten, von Einstufungen, Vorurteilen, sich wandelnden Einsichten zu kritischen Befunden und regelrechten Kriegen reicht der Bogen, den die deutsche Historikerin Helena Barop in »Der große Rausch« schlägt. Barop erhielt 2021 für ihre Promotionsarbeit »Mohnblumenkriege. Die globale Drogenpolitik der USA, 1950-1979«, ein extrem ungewöhnliches Anerkennungsfaktum, gleich drei renommierte akademische Auszeichnungen, den Deutschen Studienpreis der Körber-Stiftung, den Gerhard-Ritter-Preis der Universität Freiburg und den Preis der AG Internationale Geschichte im Verband der Historiker und Historikerinnen Deutschlands, zugesprochen. Ihr Buch, das ein weit größeres Panorama vor Augen stellt, mehr als 200 Jahre nämlich, handelt vom Wandel von Drogen zum Heilmittel zum Rauschgift, wie es sich von etwas Sündigem zu Medikamentösem zu Illegalem wie auch Erleuchtetem transformierte: »Wer Anfang des 19. Jahrhunderts in der westlichen Welt Drogen kaufen wollte, ging in die Apotheke. Wer Anfang des 21. Jahrhunderts in der westlichen Welt Drogen kaufen wollte, musste zu seinem Dealer.« Ihre eingängige, mit zahlreichen Beispielen unterfütterte Darstellung führt vor Augen, wie und dass Drogen zu politischem Kapital wurden. Vor allem aber: dass die Geschichte der Drogenpolitik voller vielgestaltiger, nicht selten unerwarteter Ambivalenzen ist, voller Erfolge und reicher noch an Misserfolgen, vor Vorurteilen und Unwahrheiten starrt. Und dies auch in Zukunft tun dürfte, obschon – oder weil? – in vielen (westlichen) Ländern neuere soziopolitisch tolerantere Ansätze erprobt werden. (Abbildung Deutsches Apothekenmuseum: Wikimedia Commons)

Der große Rausch. Warum Drogen kriminalisiert werden. Eine globale Geschichte vom 19. Jahrhundert bis heute


Barop, Helena
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