Die KI sei mit euch. Macht, Illusion und Kontrolle algorithmischer Vorhersage

Nowotny, 1937 in Wien geboren, war Gründungsdirektorin des Europäischen Zentrums in Wien. 1995 wurde sie Professorin an der ETH Zürich und Vorstand des Instituts für Wissenschaftstheorie und Wissenschaftsforschung. Von 2010 bis 2013 Präsidentin des European Research Council. 2021 Ehrensenatorin der Universität Wien. (Foto: privat)

Alles KI oder was?

Die Wiener, lange in Zürich lehrende, Wissenschaftshistorikerin Helga Nowotny über künstliche Intelligenz, deren Ambivalenzen, Aussichten und Zukunftsvisionen, Chancen und Risiken

Künstliche Intelligenz (KI) ist das Thema der Stunde. Dabei ist die Wendung mehr als zwei Generationen alt. Der Begriff kam 1956 während einer Konferenz am Dartmouth College in Hanover, US-Bundesstaat New Hampshire, erstmals auf. Damals trafen sich zehn Kybernetiker, Mathematiker, Logiker und auch ein Repräsentant der Firma IBM zu einer Konferenz, auf der man sich mit automatischen Computern beschäftigen wollte, mit deren Programmierung, neuronalen Netzwerken und Kreativität. Aber was kann KI wirklich, wo liegen ihre Grenzen und wie klug ist sie tatsächlich? Wie intelligent und autonom, vom Menschen abgekoppelt, kann sie werden? Können KI-Systeme menschliche Kommunikation nicht nur simulieren, so etwa das im Frühjahr 2023 präsentierte ChatGPT- der Firma OpenAI und andere Large Language Models (LLM), sondern digital-innovativ auf eine andere Stufe heben? Die Debatte verläuft entlang zweier sich strikt abgrenzender Linien. Die rasante Entwicklung löst auf der einen Seite vorbehaltlos optimistischen Techno-Enthusiasmus aus. Auf der anderen Seite werden apokalyptische Zukunftsszenarien beschworen, Stichwort: nicht mehr kontrollierbare Technologien. Bedenken werden bezüglich eines ob fehlender Regulierung und unkontrollierbarem Wahrheitsgehalt von Informationen gefährdeten gesellschaftlichen Zusammenhalts vorgebracht. Wie verhält es sich nun mit dieser Superintelligenz, die mutmaßlich grundlegende Umbrüche in nicht wenigen Branchen bringen dürfte? All dies debattiert die gebürtige Wienerin Helga Nowotny, die einen Großteil ihrer akademischen Karriere außerhalb Österreichs, in Deutschland und in der Schweiz, verbrachte und seit 2015 Ehrenmitglied der Österreichischen Akademie der Wissenschaften ist, ausgreifend wie gehaltvoll. Die emeritierte Professorin der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich geht in ihrem Großessay differenziert vor und erörtert kundig wie instruktiv Chancen und Risiken neuer Technologien. Verheißungen der künstlichen Intelligenz unterzieht sie einsichtig auf der Basis einer humanistischen Grundposition klugen kritischen Prüfungen und kombiniert soziologische, philosophische, historische und wirtschaftswissenschaftliche Perspektiven miteinander. (Abbildung Artificial Intelligence: Wikimedia Commons)

Die KI sei mit euch. Macht, Illusion und Kontrolle algorithmischer Vorhersage


Nowotny, Helga
Matthes & Seitz