Eva. Das Wunder des weiblichen Körpers – und wie er seit 200 Millionen Jahren die Entwicklung des Lebens auf der Erde vorantreibt

Cat Bohannon studierte in Norfolk Literaturwissenschaften und promovierte über die Entwicklung von Erzählung und Kognition. Sie lebt als freie Forscherin und Autorin in Seattle. Foto: Stefano Giovannini.

Von Milch, Menopause und Hebammen

Revision, all überall, und Feminismus erst recht: Die Amerikanerin Cat Bohannon legt eine andere, weitreichende und fulminante Geschichte des Frauseins vor, die 200 Jahre Millionen Jahre umfasst.

Viel zu lang hat sich die Humanmedizin nur auf den männlichen Körper konzentriert, Therapien, Medikamente, Behandlungsmethoden wurden normativ auf ihn ausgerichtet. Dagegen setzt Cat Bohannon mit »Eva« eine umfassende Darstellung der biologischen Entstehungsgeschichte des Weiblichen, in der 200 Millionen Jahre Evolutionshistorie analysiert werden. In gerade einmal neun Kapiteln – für die sie zehn Jahre an Recherche investierte – präsentiert sie eine fulminante Revision. Auf dem neuesten Stand der Forschung stellt die US-Amerikanerin leichthändig – bei ihr lohnt sich auch die Lektüre der Anmerkungen, die eine Fülle an Informationen und Wissen aufweisen, aber auch witzig provokante Bonmots enthalten – beispielsweise die vielzitierte »Großmutter-Hypothese« in Frage, wonach der evolutionäre Wert helfender Omas die Menopause beförderte. Bohannon favorisiert ein anderes Erklärungsmodell: Die frühen Menschen seien körperlich schwach und vielen schwierigen Situationen ausgesetzt gewesen. Des Lesens und Schreibens nicht kundig, bewahrten nur die Alten das kulturelle Gedächtnis. Deren Erfahrung, weiser Rat und auf der physischen Ebene ihre zunehmende Fähigkeit, bei Frauen besonders ausgeprägt, DNA-Fehler bis ins hohe Alter reparieren zu können: dies seien die treibenden Evolutionsfaktoren hinter der Menopause. Um zu zeigen, dass die Evolution des Weiblichen immer auch zu Gunsten der Evolution der gesamten Arten geschah, rückt Cat Bohannon, die auch von Scham und falscher Dezenz besetzte Themenfelder nicht auslässt, unerwartete Aspekte ins Zentrum ihrer Darstellung, unter anderem ein Kapitel über »Werkzeuge«. Die wichtigste Erfindung des Menschen sei, argumentiert sie, die Geburtshilfe gewesen, die es bei keinem anderen Säugetier gebe. Menschenfrauen aber brauchen Hilfe, denn ihre aufrecht gehenden Körper haben es bei der Geburt von Kindern mit immer größeren Köpfen schwer. Ohne die Zusammenarbeit der Frauen wäre das Merkmal »zunehmende Intelligenz« längst ausgestorben, argumentiert die Autorin einleuchtend. Zudem hat die kooperative Geburtshilfe wahrscheinlich das gesamte soziale Verhalten der frühen Menschen zutiefst geprägt. Ein fulminantes Plädoyer für eine weibliche Perspektive in Erkenntnis und Forschung. (Foto: Gemeinfrei)

Eva. Das Wunder des weiblichen Körpers – und wie er seit 200 Millionen Jahren die Entwicklung des Lebens auf der Erde vorantreibt


Bohannon, Cat
C. Bertelsmann